Neulich, abends…

Carolas Suche, Teil 2
Was zuvor geschah…

‚Vertrauen ist die unerlässliche Basis für jede Beziehung. Ohne Vertrauen kann es keine Offenheit, keinen Austausch geben. Umfragen und Studien beweisen leider, dass Männer ihre Partnerinnen häufig hintergehen. Und sie gehen listig dabei vor. Prüfen Sie also immer wieder gut, ob Sie Ihrem Partner weiterhin vertrauen können. Eine Beziehung hat selten einen gut sichtbaren Disclaimer. ‘

Mit einem Seufzen lehnte sich Susanne in ihrem Bürostuhl zurück. Sie las den letzten Satz, den sie eben geschrieben hatte. ‚… selten einen gut sichtbaren Disclaimer.‘ „So ein Quatsch“, dachte sie. „Das versteht doch kein Mensch.“ Sie markierte und löschte ‚Disclaimer‘. Stattdessen tippte sie ‚Haftungsausschluss‘. Immer noch nicht zufrieden schüttelte sie den Kopf und griff in die Tüte Studentenfutter neben ihrer Tastatur. „Mist, schon wieder nur noch Rosinen drin…“

Sie stand auf und ging hinüber zum Fenster. „Das macht doch alles keinen Sinn…“ Sie öffnete das Fenster weit und sog die kühle Abendluft ein. Vom 11.Stock aus konnte sie die ganze Stadt überschauen. Die meisten Autos fuhren schon mit Licht und nach und nach wurde die Straßenbeleuchtung eingeschaltet. Der Anblick entspannte Susanne, konnte aber ihre Unzufriedenheit nicht übertönen. Seit gut drei Jahren arbeitete sie nun bei der Frauenzeitschrift, erst als Praktikantin für Reiseberichte und bald schon als Redakteurin für den großen Bereich „Lebensberatung“. Anfangs hatte sie das großartig gefunden, hatte geglaubt, sie könne anderen Menschen helfen.

Seit geraumer Zeit hatte Susanne jedoch das Gefühl, dass sie nur Seemannsgarn spann. Dünnes, oberflächliches Geschwätz, das niemandem wirklich helfen konnte. Letzte Woche hatte sie etwas über den ‚inneren Klabautermann‘ geschrieben. Dass das durch die Freigabe gegangen war, wunderte Susanne immer noch. Es hatte alles keine Substanz. Vielleicht hätte sie das Psychologie-Studium doch nicht so bereitwillig aufgeben sollen… Sie ließ das Fenster offen und ging zum Schreibtisch zurück. Noch schnell E-Mails checken und dann erst mal nach Hause…

Die neueste Nachricht war von der Kollegin, bei der alle Zuschriften von Leserinnen eingingen. Von dort wurden sie an die jeweilige Redakteurin weiter geleitet. Im Betreff stand ‚Danke‘ mit drei Ausrufezeichen.

‚Liebes Redaktionsteam, seit Jahren bin ich euch treu und kaufe das neue Heft immer gleich am Erscheinungstag. Heute möchte ich mich ganz herzlich für den Artikel über den inneren Klabautermann bedanken. Er hat mir den Mut und die Kraft gegeben, mich endlich von meinem Freund zu trennen. Das ist jetzt drei Tage her und ich kann schon sicher sagen, dass es die richtige Entscheidung war. Ich fühle mich so frei und leicht wie nie zuvor. Danke dafür! Herzliche Grüße, Eure Carola.‘

Susanne war erstaunt. Der innere Klabautermann hatte geholfen? Schau mal an. Sie lächelte. Vielleicht war ihre Arbeit doch nicht so schlecht und unnütz. Sie schloss die Programme und fuhr den Computer herunter. Als sie das Fenster zumachte, summte sie eine fröhliche Melodie. Und auf dem Weg zum Fahrstuhl überlegte sie, ob sie nicht mal etwas mit Feen schreiben sollte…

So geht es weiter…

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