Den Grundstein für mein Schreib-Hobby hat Ende 2005 ein Volkshochschulkurs mit dem Titel „Wochenend-Schreibwerkstatt: Lust zu schreiben hätte ich schon…“ gelegt. Nach vier Jahren war es nun an der Zeit, den Kurs ein zweites Mal zu besuchen. Die gleiche Kursleiterin, teilweise die gleichen Teilnehmer – und der gleiche Effekt: Begeisterung, Motivation, Freude über das eigene Werk und das der anderen.
Drei Texte sind an diesem Wochenende entstanden, die ich teilen möchte. Hier der erste. Entstanden in einer literarischen „Schnitzeljagd“. Folgende Wörter sollten in der genannten Reihenfolge in den Text eingearbeitet werden:
- vereisen
- Brüderchen
- splitternackt
- kläffen
- Zwerg
- Zaunkönig
- Standpauke
- stockfinster
- Schädel
- Dreivierteltakt
Alle Teilnehmer hatten dieselben Wörter als Vorgabe. Doch keine Geschichte glich der anderen. Hier kommt meine. Vorsicht, nichts für schwache Nerven!
Sie rennt durch den Wald. Schnell, schnell, bloß nicht stehen bleiben! Der Anblick hat sich in ihrem Kopf vereist: Das Brüderchen splitternackt auf dem kalten Boden. Die dünnen Gliedmaßen merkwürdig verdreht.
Carlo kam angerannt. Hat gar nicht mehr aufgehört zu kläffen.
Das Brüderchen auf dem Boden klein wie ein Zwerg. So zart wie der Zaunkönig, den sie gestern gesehen haben. Stolz hat sie den Kinderwagen durchs Dorf geschoben.
Vor einer Standpauke der Eltern fürchtet sie sich nicht. Keine Standpauke der Welt wird ausreichen für ihre Schuld.
Schnell, immer schneller rennt sie durch den stockfinsteren Wald. Doch das Bild in ihrem Schädel rennt mit. Dabei hat sie gar nichts Böses im Sinn gehabt. Nur tanzen wollte sie mit dem Brüderchen – im Dreivierteltakt.