Archiv der Kategorie: Malerei der Woche

Malerei der Woche (52/2022)

Hans von Aachen (1552-1615), ab 1592 Maler am Prager Hof Rudolfs II, war bekannt für seine mythologischen und allegorischen Darstellungen, zu denen „Der Sieg der Wahrheit“ (um 1598) gehört. Die Wahrheit in Gestalt einer nackten Frau („die nichts zu verbergen hat“), sucht Schutz bei Justitia, der Gerechtigkeit (mit ihren Attributen Waage und Schwert). An ihrer Seite ein mächtiger Löwe, Zeichen für die gerechte Herrschermacht. Besiegt am Boden liegt die Gestalt des Betrugs, ein bärtiger Mann, dem der volle Geldbeutel und die Maske der Falschheit im Fall entglitten sind. Von Justitia und dem Löwen beschützt sehen wir links im Hintergrund drei Frauen einander zugewandt: Abundantia mit dem Füllhorn symbolisiert Reichtum und Überfluss, Pax mit dem Ölzweig den Frieden und Concordantia die Eintracht. Das Gemälde lässt sich als Wunsch nach Frieden, Harmonie und Wohlstand lesen. Mit dieser Deutung schließe ich die Jahresreise durch die Renaissancemalerei und blicke trotz aller Schrecklichkeiten hoffnungsfroh ins neue Jahr. Allen alles Gute dafür!

Malerei der Woche (51/2022)

Jacopo da Ponte, genannt Bassano, hält seine „Anbetung der Hirten“ (1568) vorwiegend in dunklen Brauntönen. Die Hirten sind mit ihrer zerschlissenen Kleidung realitätsnah dargestellt. Bassano zeigt ohne Idealisierung die ärmlichen Umstände der Geburt Christi. Von Christus selbst geht jedoch ein leuchtender Glorienschein aus, der keinen Zweifel an der Heiligkeit des Ereignisses lässt.

Malerei der Woche (50/2022)

Der Winter ist da. Es liegt Schnee und es ist kalt. So auch auf Pieter Bruegels Gemälde „Die Jäger im Schnee“ (1565). Vor den Jägern mit ihren Hunden liegt eine schneebedeckte Landschaft mit schroffen Bergen und kahlen Bäumen. Wir sehen die Häuser einer Dorfgemeinschaft, viele Bewohner gehen fleißig ihrem Tagwerk nach. Doch es ist auch Raum für Fröhlichkeit: die kleinen Figuren auf den zugefrorenen Teichen laufen Schlittschuh und spielen zeitgenössische Varianten des Eisstockschießens und des Schneegolfs.

Malerei der Woche (49/2022)

Hans Vredeman de Vries war der Autor der ersten theoretischen Publikationen zur Perspektivkonstruktion in den Niederlanden, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erschienen. Sein Können zeigte er meist an prunkvollen Gebäudearchitekturen. Bei der „Palastarchitektur mit Musizierenden“ (1596) hat vermutlich sein Sohn Paul bei der Ausführung der Architektur unterstützt und die Musizierenden stammen wahrscheinlich vom Figurenmaler Dirk de Quade van Ravesteyn. Das Gemälde ist somit ein Beispiel für die damals durchaus geläufige Arbeitsteilung hochspezialisierter Maler.

Malerei der Woche (48/2022)

Der Begriff Paragone bezeichnet den Wettstreit der Künste untereinander vornehmlich im Italien der Renaissance. Es galt, je nach Standpunkt, Argumente für oder wider die Überlegenheit der einen über die andere Gattung zu finden. Ein Argument für die Überlegenheit der Skulptur über die Malerei war, dass Erstere eine dreidimensionale Darstellung erlaubt, während Letztere auf die Zweidimensionalität der Leinwand beschränkt bleibt. Den Beweis, dass auch in der Malerei eine plastische Darstellung möglich ist, erbrachte das „Bildnis eines Mannes in Rüstung“ von Giovanni Girolamo Savoldo durch all seine anatomisch korrekten Verkürzungen und Spiegelungen. Der Abgebildete neigt sich uns über einen Tisch entgegen, zugleich sehen wir ihn reflektiert in zwei Spiegeln sowie in dem metallisch-glänzenden Rüstungsteil, das auf dem Tisch liegt.

Malerei der Woche (47/2022)

Beim Festmahl der Götter (um 1514) von Giovanni Bellini treffen wir zwei Figuren der letzten Woche wieder: Im Kreis weiterer Gottheiten, in einer grünen Waldszenerie, bedient von Nymphen und Satyrn, sehen wir Jupiter, gekennzeichnet durch sein Attribut, den Adler, und links neben ihm Merkur mit dem Heroldsstab, Reisehut und Flügelschuhen. Bellini (ca. 1430-1516) erhielt den Auftrag für das Gemälde, als er schon über 80 war. Er reagierte bis ins Alter auf Neuerungen in der Malerei, angeregt beispielsweise von jüngeren Künstlern wie Giorgione und Tizian, und blieb so bis zuletzt auf der Höhe der Zeit.

Malerei der Woche (46/2022)

Das Gemälde „Jupiter, Merkur und die Tugend“ (um 1523) von Dosso Dossi illustriert eine Szene aus der Dichtung des Humanisten Leon Battista Alberti. Virtus, die Tugend, dargestellt durch eine blumenbekränzte junge Frau, will sich nach einem Streit mit Fortuna bei Jupiter beklagen. Allerdings wird sie nicht zu Jupiter vorgelassen, denn dieser ist gerade damit beschäftigt, den Schmetterlingen schöne Flügel zu verleihen. Merkur gebietet der Tugend, den Finger auf die Lippen legend, dabei nicht zu stören. Die Darstellung des mächtigsten aller Götter als Maler, versunken in seine Kunst, „beschützt“ von Merkur, dem Patron der Wissenschaften und Künste, bezeugt das neue Selbstbewusstsein der Künstler in der Renaissance.

Malerei der Woche (45/2022)

Am 09. November 1597 unterzeichnete El Greco (um 1541-1614), der spanische Maler griechischer Herkunft, den Vertrag über drei Gemälde für die Kapelle des Heiligen Josef in Toledo. Eines davon zeigt den Heiligen Martin, wie er gerade seinen Mantel teilt und damit einem Bettler Kleidung gibt. Das Bild veranschaulicht die für El Greco charakteristische verlängerte Proportionierung der Figuren und die in seiner „schönfarbigen Periode“ typischen gesättigten Farben, hier Blau und Grün, kontrastierend mit dem Weiß des Pferdes. Die Stadtkulisse im Hintergrund zeigt nicht Amiens, wo sich die Heiligenlegende angeblich zugetragen hat, sondern Toledo. Dort verbrachte El Greco die zweite Hälfte seines Lebens und baute sich einen großen Werkstattbetrieb auf. In diesem wurden auch Repliken seiner Werke angefertigt, die ihre Abnehmer bis in die spanischen Überseekolonien fanden – ein Beweis für die Beliebtheit von El Grecos Kompositionen.

El Greco (Domenikos Theotokopoulos) (Greek, 1541 – 1614 ), Saint Martin and the Beggar, 1597/1599, oil on canvas with wooden strip added at bottom, Widener Collection

Malerei der Woche (44/2022)

Die Donaulandschaft mit Burg von Albrecht Altdorfer ist eines der frühesten Gemälde, das gar keine Menschen zeigt. So können wir Betrachter uns umso leichter in die beinahe magisch wirkende Landschaft hineindenken. Es scheint, als seien wir gerade auf dem gewundenen Weg aus dem dunklen Wald herausgetreten. Nun liegen die blauen Berge und der Fluss vor uns. Der Weg zur Burg ist nicht mehr weit, doch der Himmel ist wolkenverhangen. Werden wir unser Ziel erreichen, bevor sie Sturm und Regen bringen?

Albrecht Altdorfer, Donaulandschaft mit Burg (um 1526-28)

Malerei der Woche (43/2022)

Der flämische Maler Joachim Patinir (um 1480-1524) gilt als Bindeglied zwischen Gotik und Renaissance. Sein Weltbild ist mittelalterlich geprägt: Erde und Menschen sind vollkommen in Gottes Hand. Gleichzeitig bezeugen seine Gemälde einen ausgeprägten Sinn für Raum und Tiefe. Die Landschaft dominiert gegenüber der religiösen oder mythischen Thematik. Patinirs Bilder zeigen vielfältige geographische Beschaffenheiten, die phantastisch anmuten: Berge, Felsen, Wälder, Flüsse, ferne Horizonte – man beschreibt sie mit dem Begriff „Weltlandschaft“.

Joachim Patinir: Überfahrt in die Unterwelt