Archiv der Kategorie: Autorin der Woche

Autorin der Woche (52/2021)

Das Jahr geht zu Ende und zum Schluss gibt es viele Autorinnen auf einmal. Mit „Leidenschaften – 99 Autorinnen der Weltliteratur“ (2013 als Taschenbuch erschienen) haben Verena Auffermann, Gunhild Kübler, Ursula März und Elke Schmitter eine wunderbare Sammlung von Autorinnenporträts geschrieben und veröffentlicht. Ein abwechslungsreicher Band, den ich immer einmal wieder gerne zur Hand nehme, nicht zuletzt in diesem Jahr als Inspirations- und Informationsquelle für meine Autorinnen der Woche.

Seit Oktober gibt es eine Neuauflage, mit zumindest teilweise neuen Porträts und in Summe einem mehr: „100 Autorinnen in Porträts“. Damit sind gute Leseanregungen fürs nächste Jahr gesichert – und ich kann mich in meiner „… der Woche“-Kategorie einem anderen Sujet zuwenden.

Wünsche allen einen guten Start ins neue Jahr!

Autorin der Woche (51/2021)

Weihnachten ist eine gute Zeit für Märchen. Viele der Märchen, die mich immer noch tief berühren, stammen von Hans Christian Andersen (1805-1875). „Das hässliche junge Entlein“, „Die kleine Seejungfrau“, „Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzchen“ sind nur drei davon.

Was macht diese Märchen aus? Sie erzählen von den tiefen Sehnsüchten: nach Liebe, Geborgenheit, Angenommen-Sein. Sie erzählen vom Kummer und der Mühsal auf der Suche danach. Wir kommen den HeldInnen dabei ganz nah, leiden und hoffen mit ihnen – und das umso mehr, weil es bei Andersen selten ein gezuckertes Ende gibt.

Autorin der Woche (50/2021)

Die tschechische Schriftstellerin Božena Němcová (1820-1862) hat mit „Die Großmutter“ („Babička“) einen der populärsten tschechischen Romane verfasst. Hierzulande ist Němcovás Name eher nicht geläufig, aber eines ihrer Werke ist wohlbekannt: „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ („Tři oříšky pro Popelku“).

Noch immer läuft die tschechisch-ostdeutsche Verfilmung von 1975 zu Weihnachten in der ARD. Schon als Kind habe ich dieses Aschenbrödel bewundert und geliebt, habe mit ihr gebangt und gejubelt. Und auch dieses Jahr werde ich mir Zeit für diesen wunderbar gelungenen Herzenswärmer und Seelenstreichler nehmen.

Die Verfilmung weicht anscheinend an vielen Stellen stark von Němcovás Vorlage ab, was ja nicht ungewöhnlich ist. Da ich das Märchen nie gelesen, sondern nur den Film gesehen habe, weiß ich nicht, wie gut mir der Text gefallen würde. Doch dafür, dass Němcová die Filmemacher damals inspiriert hat, bedanke ich mich ganz herzlich bei ihr. 🙂

Autorin der Woche (49/2021)

In diesem Jahr geht nur ein Nobelpreis an eine Frau. Die philippinische Journalistin Maria Ressa erhält (zusammen mit ihrem russischen Kollegen Dmitrij Muratow) den Friedensnobelpreis.

Ressa war 20 Jahre lang leitende Investigativreporterin bei CNN in Südostasien und gründete 2012 mit Kollegen das Online-Nachrichtenportal Rappler, das u.a. Lügen und Menschenrechtsverletzungen des philippinischen Präsidenten Duterte anprangert. Ressa zahlt den Preis: Morddrohungen, Verhaftungen und allgemein immer schwerer werdende Arbeitsbedingungen.

Ressa und Muratow bekommen den Preis für ihre Bemühungen um die Wahrung der Meinungsfreiheit, die eine Voraussetzung für Demokratie und dauerhaften Frieden sei, sagte die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Bekanntgabe im Oktober in Oslo.

Autorin der Woche (48/2021)

Am 27. November, also letzte Woche Samstag, starb die spanische Schriftstellerin Almudena Grandes im Alter von 61 Jahren an Krebs. Ihr erster Roman „Lulú“ erschien 1989 und wurde in 20 Sprachen übersetzt. Seit 2003 schrieb sie eine wöchentliche Kolumne in der spanischen Tageszeitung El País. Ihr Werk wurde mehrfach ausgezeichnet.

Vor einigen Jahren habe ich „Das gefrorene Herz“ gelesen (erschienen 2009). Ein über 900 Seiten starker Gesellschafts- und Liebesroman, der das Schicksal zweier Familien vom Spanischen Bürgerkrieg und Franco-Diktatur bis in die Gegenwart erzählt. Bei den deutschsprachigen Rezensenten kam das Buch eher mäßig an – zu breit, zu wenig tief, zu viele Klischees, zu viel Herzschmerz. Diese Kritik kann ich ein Stück weit nachvollziehen, dennoch fand ich die Geschichte reizvoll und lesenswert.

Die Süddeutsche Zeitung hat einen interessanten Nachruf auf Almudena Grandes veröffentlicht.

Autorin der Woche (47/2021)

Die US-Amerikanerin Susan Sontag (1933-2004) ist vor allem für ihre Essays (von denen ich ehrlicherweise noch keines gelesen habe) sowie ihr politisches und gesellschaftliches Engagement bekannt. Kurzgeschichten hat sie nur wenige geschrieben. Im Sammelband „Wie wir jetzt leben“ sind fünf davon zu finden, zwei haben mir besonders gut gefallen.

Der Text „Wie wir jetzt leben“ erschien erstmals im November 1986 im New Yorker. Darin hören wir die Stimmen von Freunden und Bekannten eines an Aids Erkrankten. Sie sorgen und sie kümmern sich, sie meinen es ausschließlich gut mit dem Freund und ziehen doch gleichzeitig eine Linie zwischen „ihm“ und „uns“ – um die eigene Furcht vor der Epidemie von sich fernzuhalten.

In „Wallfahrt“ erzählt Sontag, wie sie als Vierzehnjährige gemeinsam mit einem Schulfreund Thomas Mann in seinem kalifornischen Exil besucht. Sie bewundert Mann damals fast wie eine Gottheit, vor allem für dessen „Zauberberg“. Erst vierzig Jahre später schreibt Sontag die Geschichte dieser Begegnung auf, die sie als peinlich und beschämend banal empfindet. Manchmal ist es wohl besser, wenn Idole Idole bleiben und nicht zu Menschen werden.

Autorin der Woche (46/2021)

2009 erhielt Elizabeth Strout den Pulitzerpreis für ihren Roman „Olive Kitteridge“ (dt. „Mit Blick aufs Meer“). Die Titelfigur ist pensionierte Mathematiklehrerin, der Ort die fiktive Kleinstadt Crosby in Maine. Dort entspinnt Strout um Olive herum ein fein verwobenes Universum aus Schicksal, Glück und Tragik, aus Sehnsüchten und Unzulänglichkeiten, aus inneren und äußeren Kämpfen, die mal gewonnen, mal verloren werden.

Meisterhaft verbindet Strout die episodenhaften Kapitel, präzise beobachtet sie Motive und Emotionen und rührt dabei immer wieder ans Herz der LeserIn – aber kitschig wird es nie. Die Fortsetzung „Olive, Again“ (dt. „Die langen Abende“) steht auf meiner mentalen Leseliste.

Autorin der Woche (45/2021)

Natürlich kennen wir Leonardo da Vinci vor allem als Maler, aber er hat sich auch intensiv mit den Naturgesetzen, Mathematik, Musik und Anatomie beschäftigt und beispielsweise Flug- und Kriegsgeräte entworfen. In seinen umfangreichen Notizbüchern (Codices), die heute in Museen weltweit aufbewahrt werden, finden sich neben Skizzen und Zeichnungen auch zahlreiche in Worten festgehaltene Beobachtungen, Gedanken und philosophische Thesen.

Gesammelt gibt es einige davon in einem feinen Büchlein der Büchergilde Gutenberg mit dem Titel „Wer wenig denkt, irrt viel“. 2019 habe ich es mir gekauft und in den letzten Tagen wieder einmal darin geblättert. Viele von da Vincis Gedanken sprechen mich an, so zum Beispiel:

Wie lustloses Essen der Gesundheit schadet, so verdirbt das lustlose Lernen das Gedächtnis und hält nichts fest, was dieses aufnehmen könnte.

Lasst uns also lustvoll leben!

Autorin der Woche (44/2021)

Juli Zeh wurde 1974 in Bonn geboren. Sie studierte Jura und Völkerrecht und promovierte. Ihr schriftstellerisches Werk wurde vielfach ausgezeichnet und in 35 Sprachen übersetzt. 2018 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz und wurde zur Richterin im Verfassungsgericht Brandenburg gewählt. Sie engagiert sich politisch und ist Mutter zweier Kinder. Wenn sie im Literarischen Quartett zu Gast ist, bin ich immer gespannt auf ihre Einschätzungen und Urteile.

Zwei Romane habe ich von Juli Zeh bisher gelesen. „Unterleuten“ zeigt schonungslos die Abgründe menschlicher Sehnsüchte und Begierden im ländlichen Dorfidyll. In „Neujahr“ holt ein Familienurlaub auf Lanzarote lang verdrängte Kindheitserinnerungen wieder ans Tageslicht. Beide Romane sind geschickt komponiert, feinsinnig beobachtet, psychologisch schlüssig und dadurch enorm packend.

Autorin der Woche (43/2021)

Maya Angelou wird im April 1928 in Missouri geboren – im rassengetrennten Süden der USA. Sie stirbt 2014 als international anerkannte und mit vielen Preisen geehrte Autorin (sowie Schauspielerin und Regisseurin). Ihr bewegtes Leben erzählt sie in sieben Büchern. Der erste Band erscheint 1969, den ich in der deutschen Übersetzung („Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt“) vor zwei Jahren begeistert gelesen habe.

Maya Angelou war eine Kämpferin: Weder der brutale Rassismus noch die Vergewaltigung durch den Liebhaber ihrer Mutter oder die ungewollte Schwangerschaft mit 16 konnten sie brechen. Maya Angelou wollte selbstbestimmt leben – und das tat sie. Dabei geholfen haben positive, stärkende Menschen in ihrem Leben: ihre Regenbogen in den Wolken.