Wünsch dir was

„Wünsch dir was“, sagst du mit deinem strahlenden Lächeln.
Ich ziehe die Augenbrauen hoch.
„Wünsch dir was, mein Liebling. Ich führ’ dich heute Abend aus. Wohin möchtest du?“
Ich kneife die Augen zusammen. Dein Lächeln blendet mich.
„Vielleicht Carpaccio bei Luigi? Oder Fischsuppe bei Claire?“
„Carpaccio darf ich doch nicht.“
Du stutzt. „Ach, stimmt. Aber die Pasta ist auch gut bei Luigi.“
Ich zögere. Mein Rücken schmerzt und meine Füße pochen.
Du setzt deinen Hundeblick auf und legst den Kopf leicht schief. Früher fand ich das unwiderstehlich. Ob es ihr genauso geht?
Du trägst das fliederfarbene Hemd, das ich dir geschenkt habe. Es steht dir. Vor drei Monaten habe ich daran zum ersten Mal das fremde Parfum gerochen. Habe mir nichts dabei gedacht, eine freundschaftliche Umarmung und schon ist das passiert.
Aber dann war das Parfum an allen deinen Hemden. Plötzlich hattest du wichtige Termine bis spätabends, einmal, zweimal, dreimal die Woche. Für die vielen Blumen, die du mir an den Tagen darauf mitbrachtest, hätte ich beinahe neue Vasen kaufen müssen. Wie in einem schlechten Film.
„Na, muss ich meinen kleinen Wal nach draußen schleppen?“
Du kneifst mir in die Wange. Das tut nicht weh, aber mir schießen Tränen in die Augen.
Verfault. Unsere Liebe ist verfault, wie Blumen, die zu lange im Wasser stehen. Erst verblühen sie, dann beginnen sie zu faulen.
„Weinst du, mein Liebling?“ Du klingst ehrlich besorgt.
Ich schließe die Augen. Tränen rinnen meine Wangen hinab, sammeln sich am Kinn. Ich öffne die Augen wieder und sehe dir ins Gesicht. Da ist kein Lächeln mehr.
Ich hole tief Luft. Meine Stimme ist fest und klar: „Hör auf, mich zu blenden. Das wünsch ich mir.“

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