„Da wäre ich gerne Mäuschen.“ – Diese Redewendung haben Sie sicher schon gehört. Vielleicht auch schon gebraucht. Mäuschen sein. Unbemerkt mithören, beobachten, Geheimnisse erfahren. Ich versichere Ihnen, dazu muss man nicht unbedingt Mäuschen sein. Man kann zum Beispiel auch ein Kaffeeautomat in einem Bürogebäude sein, so wie ich. Da kaum jemand einem Kaffeeautomaten ein Eigenleben zugesteht, sind die Leute völlig ungehemmt in meiner Nähe. Was ich alles an einem einzigen Vormittag mitbekomme!
Heute früh, kurz nach sieben, mein erster Kunde. Ein Krawattenträger aus dem 5. Stock, von ganz oben. Telefoniert, während ich ihm einen doppelten Espresso bereite. „Müller muss weg. Sonst wird er uns zermalmen. Einer weniger im Wasserkopf, das wird auch dem Fußvolk gefallen. Über die Höhe der Abfindung müssen wir natürlich Stillschweigen bewahren. Ich gehe gleich zu Schneider und regle das…“
Zwanzig Minuten später die beiden Sekretärinnen aus dem 2. Stock. Gackernde Hühner! Die eine schielt und kneift deswegen immer ein Auge zu, wenn sie die Münzen einwirft. Die andere, ein wahrer Sauertopf, meckert andauernd. Übers Wetter, den Chef, den Stau, den Ehemann, den kneifenden Hosenbund. Ich möchte ihr raten, den Kaffee nicht weiter mit doppelt Zucker zu trinken, aber sprechen kann ich nicht. Weiterlesen