Kalt ist es heute Nacht, so kalt… Aber wenn ich den Motor für die Heizung laufen lasse, verbrauche ich zu viel Benzin. Nein, das Geld will ich sparen, wird schon gehen. Für nächste Woche packe ich die alte Camping-Decke in den Kofferraum, dann wird es besser sein und Marie wird es nicht bemerken. Marie, meine liebe Marie… Wenn ich erst Arbeit gefunden habe, kann das hier aufhören. Ach, Marie, ich will dich nicht belügen, aber ich spüre doch deine Enttäuschung nach jedem Vorstellungsgespräch, von dem ich mit einer Absage nach Hause komme.
Ich verfluche den Tag, an dem ich mich von Jaques habe überreden lassen, bei dem Ding mitzumachen. Du fährst nur das Auto, du gehst nicht mit rein, hat er gesagt. Kein Risiko für dich, leicht verdiente Kohle, hat er gesagt. Aber die Frau, die Frau und das kleine Mädchen, plötzlich waren sie da, mitten auf der Straße, was zum Teufel, ich hab nie verstanden, wie sie plötzlich da sein konnten. Es tut mir so leid, jeden Tag tut es mir leid. Oh Marie, dass du trotzdem zu mir gehalten hast, dass du bei mir geblieben, mich nicht zurückgestoßen hast, wie all die anderen. Ich will doch, dass du stolz auf mich sein kannst, will dir zeigen, dass ich etwas schaffen kann, dass ich etwas tauge.
Wenn die Leute in den Bewerbungsgesprächen nach meinem Lebenslauf fragen, vier Jahre Lücke, danach nur noch Praktikumsstellen und Aushilfsjobs, dann ist es vorbei. Lügen kann ich nicht. Wenn ich lüge und es kommt doch heraus, macht es nur noch schlimmer. Aber wenn ich ehrlich antworte, dann sehe ich es in ihren Gesichtern. Dann ist es vorbei. Und du, Marie, du tust dann dein Bestes, um mich aufzumuntern, beim nächsten Mal klappt es bestimmt, sagst du. Wir kommen doch auch so zurecht, sagst du. Aber trotzdem. Ich höre die Enttäuschung in deiner Stimme. Und ich habe deine Freude und deinen Stolz gespürt, als ich dir erzählt habe, ich hätte den Job als Nachtwächter bekommen. Auf deinen prüfenden Blick hin habe ich gelogen: Sie haben nicht danach gefragt, habe ich behauptet. Aber das stimmt nicht. Sie haben gefragt und sie haben mich nicht gewollt. Ein Bankräuber als Nachtwächter, das wäre ein zu guter Witz!
Aber Marie, ich genieße es so, wie stolz du jetzt auf mich bist. Küsst mich jeden Abend zum Abschied auf die Stirn, die Wangen und den Mund, bevor ich „zur Arbeit“ fahre. Dann komme ich hierher, hier ist es abgelegen, kaum jemand kommt nachts vorbei. Dann sitze ich hier die ganze Nacht, allein, allein mit meinen Gedanken und meiner Schuld, und warte bis sechs Uhr morgens, dann fahre ich zurück nach Hause. Du bist dann schon wach, hast heißen Kaffee für mich gekocht und küsst mich wieder. Auf die Stirn, die Wangen und den Mund. Dein warmer, weicher Mund wird mich morgen früh wieder wärmen. Bis dahin muss ich durchhalten. Und heute Nacht ist es kalt, so kalt.