Monatsarchiv: November 2009

Was man so am Wochenende machen kann: Schreibwerkstatt (1)

Den Grundstein für mein Schreib-Hobby hat Ende 2005 ein Volkshochschulkurs mit dem Titel „Wochenend-Schreibwerkstatt: Lust zu schreiben hätte ich schon…“  gelegt. Nach vier Jahren war es nun an der Zeit, den Kurs ein zweites Mal zu besuchen. Die gleiche Kursleiterin, teilweise die gleichen Teilnehmer – und der gleiche Effekt: Begeisterung, Motivation, Freude über das eigene Werk und das der anderen.

Drei Texte sind an diesem Wochenende entstanden, die ich teilen möchte. Hier der erste. Entstanden in einer literarischen „Schnitzeljagd“. Folgende Wörter sollten in der genannten Reihenfolge in den Text eingearbeitet werden:

  • vereisen
  • Brüderchen
  • splitternackt
  • kläffen
  • Zwerg
  • Zaunkönig
  • Standpauke
  • stockfinster
  • Schädel
  • Dreivierteltakt

Alle Teilnehmer hatten dieselben Wörter als Vorgabe. Doch keine Geschichte glich der anderen. Hier kommt meine. Vorsicht, nichts für schwache Nerven!

Sie rennt durch den Wald. Schnell, schnell, bloß nicht stehen bleiben! Der Anblick hat sich in ihrem Kopf vereist: Das Brüderchen splitternackt auf dem kalten Boden. Die dünnen Gliedmaßen merkwürdig verdreht. 

Carlo kam angerannt. Hat gar nicht mehr aufgehört zu kläffen. 

Das Brüderchen auf dem Boden klein wie ein Zwerg. So zart wie der Zaunkönig, den sie gestern gesehen haben. Stolz hat sie den Kinderwagen durchs Dorf geschoben.

Vor einer Standpauke der Eltern fürchtet sie sich nicht. Keine Standpauke der Welt wird ausreichen für ihre Schuld.

Schnell, immer schneller rennt sie durch den stockfinsteren Wald. Doch das Bild in ihrem Schädel rennt mit. Dabei hat sie gar nichts Böses im Sinn gehabt. Nur tanzen wollte sie mit dem Brüderchen – im Dreivierteltakt.

Geschichte aufs Ohr

60 Jahre deutsche Geschichte in Original-Tondokumenten auf 11 CDs: „Die Chronik der Bundesrepublik“, von 1949 bis 2009.

Zu einem fairen Preis bietet die CD-Sammlung einen Abriss der letzten 60 Jahre. Berücksichtigt wird die Bundesrepublik genauso wie die DDR. Von Politik über Kultur bis Sport ist alles dabei. Erklärende Zwischentexte stellen die Originalaufnahmen in den Kontext.

Wer viel über die deutsche Nachkriegsgeschichte weiß, wird kaum etwas Neues lernen, denn in die Tiefe gehen die CDs freilich nicht. Doch selbst dann sind sie interessant, denn der Originalton aus Radio und Fernsehen, Film und Werbung, Reportagen und Interviews transportiert Emotion und Authentizität.

Fazit: Spannend, unterhaltsam, empfehlenswert.

Winter is the season of the imagination

… sagt Sting in der Dokumentation über die Entstehung seines neuen Albums “If on a Winter’s Night”. Eine spannende Sammlung von alten Weisen, klassischen Stücken und Volksliedern über den Winter; leise und besinnlich, spirituell und wunderbar zum Schreiben.

Kamron kommt im Winter… 🙂

 

Manchmal macht der Flügelschlag …

… des Schmetterlings genau den Unterschied, der das Schicksal in die eine oder die andere Richtung lenkt…
 

Die Zeit heilt alle Wunden
Dass ich nicht lache

Beißend bleibt
der Schmerz
die Wut
die Qual

Und meine Seele wird erst ruhen
Wenn Rache sie zu Bette trägt

Schau dich also besser um
Wenn du durch die Straßen gehst
Denn ich will, dass du mein Gesicht siehst
In deinem letzten Augenblick

 ***

Die Zeit heilt alle Wunden
Besser als ich dachte

Verblasst sind Schmerz und Wut und Qual

Und meine Seele kann wieder ruhen
Vergebung streicht ihr übers Haupt

Ich sehe licht und klar
Wenn ich durch die Straßen geh
Denn ich spüre, dass es Freude ist
Die mich lebendig macht

Gerne bin ich Deutsch

Als ich kürzlich wieder einmal Berlin besucht habe, dachte ich bei mir: Wir haben eine würdige Hauptstadt. Weltoffen, monumental, bedeutsam und in mancher Hinsicht so schön dreckig.

Da wurde mir bewusst, wie stark sich in den letzten Jahren mein Selbstverständnis als Deutsche gewandelt hat. Vor einigen Jahren war es mir eher unangenehm, Deutsche zu sein. Und das lag nicht nur am großen Übel Drittes Reich. Tugenden wie Fleiß und Pünktlichkeit fand ich langweilig; kulturelle Exportschlager wie Bier und fetten Schweinsbraten eklig.

Lieber wollte ich mich ausschließlich als Europäerin verstehen. Heute sehe ich mich als deutsche Europäerin. Werde ich im Ausland gefragt, sage ich gern, dass ich aus Deutschland komme. Ich will absichtlich nicht sagen, dass ich stolz bin, Deutsche zu sein. Stolz sein sollte man auf Dinge, die man aus eigener Kraft geschaffen oder erreicht hat.

Ein großer Meilenstein war tatsächlich die Fußball-WM 2006. Dieses Sommermärchen hat die Wahrnehmung der Deutschen auf der ganzen Welt verändert. Schau einer an, die Deutschen können also auch ausgelassen feiern und Gäste friedlich willkommen heißen.

Das Bild Deutschlands ist in den letzten Jahren facettenreicher geworden, auf globaler Ebene und auch für mich ganz persönlich. Als Deutsche bin ich jetzt selbstbewusst – meiner selbst bewusst. Und das ist auch gut so.