Tagesarchiv: 11. Januar 2015

Im Seniorenheim

Als Herr Benjamin den Speise- und Aufenthaltsraum betrat, war er zunächst erleichtert: Frau Walter war nirgends zu sehen. Neben dem Fenster saß Frau Müller in ihrem Rollstuhl und schnarchte friedlich. An einem Tisch spielten Frau Rettich und Frau Pfister Karten. Und ganz hinten, in der Ecke neben der Yucca-Palme, saß Frau Linde. Immer, wenn Herr Benjamin Frau Linde sah, war ihm, als husche ein Sonnenstrahl über sein Gesicht. Frau Linde las in der Zeitung, ihre übergroße Brille ganz vorne auf der Nase sitzend.

„Frau Linde, darf ich mich zu Ihnen gesellen?“, fragte Herr Benjamin höflich. „Gerne, mein Lieber“, antwortete Frau Linde und zeigte auf den leeren Stuhl neben sich. Herr Benjamin nahm Platz und verrückte dabei den Stuhl, wovon Frau Müller aufwachte. Verärgert knurrte sie: „Immer diese Dudelei! Macht die Dudelei aus!“

„Seien Sie nicht so zimperlich, Frau Müller!“, erwiderte Frau Rettich, bevor sie triumphierend ausrief: „Mau Mau!“ und ihre letzte Karte ablegte.

„Mau vergessen“, sagte Frau Pfister, ebenso triumphierend. „Nun werden Sie mit Karten überschwemmt, meine liebe Frau Rettich!“ Widerwillig nahm Frau Rettich alle Karten vom Stapel in die Hand. Frau Müller schnarchte schon wieder. Weiterlesen