Bücherkurzkritik: Blaupause, Ellbogen und Alles ist jetzt

Den drei Romanen ist gemeinsam: Sie erzählen die Geschichte einer jungen Frau auf der Suche nach sich selbst und ihrem Platz in der Gesellschaft. Die Settings sind durchaus verschieden.

Theresia Enzensberger berichtet in „Blaupause“ von Luise Schilling, die 1921 als eine von wenigen Frauen am Weimarer Bauhaus zu studieren beginnt. Schnell merkt Luise, dass auch im modernen Bauhaus Frauen nicht wirklich gleichberechtigt sind.

Hazal, die Protagonistin in Fatma Aydemirs „Ellbogen“ lebt im Berlin der Gegenwart und ist als Tochter eingewanderter Türken zwischen den Kulturen hin- und hergerissen. Streit mit den Eltern, Gelegenheitsjobs und Kleinkriminalität bestimmen ihren Alltag. Als Hazal eine schwerwiegende Straftat begeht, flieht sie nach Istanbul.

„Alles ist jetzt“, auch das, was längst vergangen ist. So empfindet Ingrid, die Hauptfigur in Julia Wolfs Debutroman häufig. Ingrid flieht nach dem Abitur aus dem zerrütteten Kleinbürgertum ihrer Eltern und gerät auf einen bestürzenden Weg, der von Drogen und der Rotlichtszene der großen Stadt geprägt ist.

Die Umsetzung der Romane ist unterschiedlich gut gelungen.

Luise bleibt mir leider sehr fern, Enzensbergers Sprache ist zu hölzern. Show, don’t tell!, wollte ich der Autorin beim Lesen häufig zurufen.

Hazal kommt mir schon näher und ich kann mit ihr mitfühlen, auch wenn die drastische Jugendsprache an einigen Stellen etwas gesucht und unnatürlich wirkt.

Julia Wolf schafft es von Beginn an, mich in Ingrids Schicksal hineinzuziehen. Kurze, abgehackte, oft auch unvollständige Sätze lassen mich mit Ingrid empfinden. Ihre Hoffnung und Enttäuschung, ihre Verletzlichkeit und Abgestumpftheit, ihr Schmerz und ihr Grauen werden zu meinem. „Alles ist jetzt“ ist nichts für zarte Gemüter. Durch seine Intensität wird es von den drei Büchern bei mir am längsten nachhallen.

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