Monatsarchiv: Juni 2021

Autorin der Woche (25/2021)

„So viel Energie“ heißt der wunderbare, reich bebilderte Band der Zürcher Kunstwissenschaftlerin Hanna Gagel. In diesem proträtiert sie sechzehn Malerinnen und Bildhauerinnen jenseits der 50, für die gerade diese sogenannte dritte Lebensphase besonders kreativ und produktiv war. Gagel führt den Beweis, dass das höhere Alter eine Zeit von Vitalität und ungehemmter Schaffenskraft sein kann. Das sind exzellente Nachrichten für jemanden wie mich: eine Frau, die unweigerlich auf die 50 zugeht… 🙂


Vorgestellt werden Marianne Werefkin, Käthe Kollwitz, Helen Dahm, Sonia Delaunay, Hannah Höch, Georgia O’Keeffe, Louise Nevelson, Alice Neel, Lee Krasner, Louise Bourgeois, Meret Oppenheim, Verena Loewensberg, Agnes Martin, Maria Lassnig, Magdalena Abakanowicz und Niki de Saint Phalle.

Autorin der Woche (24/2021)

Seit einer gefühlten Ewigkeit war ich gestern und heute endlich einmal wieder bei einer Schreibwerkstatt der Volkshochschule. Dort kommen Leute zusammen, die ihrer Fantasie und Kreativität freien Lauf lassen möchten. Nach vielen Monaten des Zurückgezogen-Seins hat es mir so gut getan, das Wochenende in dieser Stimmung in einer Gruppe zu verbringen. Freudig habe ich drei kleine Werke geschaffen und begeistert die Texte der anderen gehört und besprochen. Dieser positive Energiefluss hat mich beflügelt und glücklich beseelt.

Und so ist die „Autorin der Woche“ heute allen Schreibenden gewidmet, die es nie in die Bestsellerlisten schaffen werden (und dies meist auch gar nicht anstreben), sondern die im Schreiben einfach ihre Leidenschaft und ihren Weg zum Selbstausdruck finden.

Autorin der Woche (23/2021)

In einem Brief an ihre Freundin Vita Sackville-West schreibt Virginia Woolf:

“Style is a very simple matter; it is all rhythm. Once you get that, you can’t use the wrong words. But on the other hand here am I sitting after half the morning, crammed with ideas, and visions, and so on, and can’t dislodge them, for lack of the right rhythm. Now this is very profound, what rhythm is, and goes far deeper than any words. A sight, an emotion, creates this wave in the mind, long before it makes words to fit it.”

Rhythmus als Prinzip des Schreibens anstatt einer durchstrukturierte Handlung mit detailbeschriebenen Charakteren und Landschaften. In ihrem Roman Mrs. Dalloway (1925) hat Woolf diesen Rhythmus gefunden. Sie kontrastiert den Bewusstseinsstrom einer Dame der feinen Londoner Gesellschaft mit dem eines mental kranken jungen Mannes – ein Tageslauf, zwei Leben; auf faszinierende Weise verwebt.

Das Zitat zeigt jedoch auch eine dunkle Seite. Oft ist Virginia Woolf ein gequälter Geist; sie erlebt depressive und psychotische Episoden. Diverse Behandlungen in verschiedenen Institutionen helfen ihr am Ende nicht. 1941 verschlechtert sich ihr Zustand rapide und sie ertränkt sich im River Ouse.

Autorin der Woche (22/2021)

Gestern ist Friedrike Mayröcker im Alter von 96 Jahren in Wien gestorben. Sie war eine bedeutende Autorin des deutschsprachigen Raums, enorm produktiv und vielfach ausgezeichnet. Ihre Gedichte sind oft nicht leicht zu fassen, nehmen die Lesenden jedoch in ihrer melancholischen Atmosphäre gefangen. Wunderschön finde ich „was brauchst du“ und auch jenes hier:

du bist ein fernes Land
gern schrieb ich dir unter den Bäumen
du bist ein fernes Land
mit wem hast du dich geküszt?
du bist ein fernes Land
der Mond ist über den Bäumen
o mein geliebtes Land
die Tage werden still