Monatsarchiv: September 2008

Es hat Geburtstag


Mein Buch ist im September 1 Jahr alt geworden. Die Geburt fand im Zug zum Police-Konzert nach München statt und manifestierte sich durch einen Eintrag in mein Reisetagebuch. Zu dem Zeitpunkt gab es eine diffuse Idee der Heldin und einige wenige Meilensteine bzw. Grundstimmungen der Handlung. Mehr nicht. Seitdem ist einiges geschehen.

 

Die Heldin hat einigermaßen Gestalt angenommen und glücklicherweise ist sie ohne große Mühe nicht ich geworden. Den Plot habe ich grob im Kopf. Die verschiedenen Welten haben einen ganz gut durchdachten Unterbau.

 

Was mich besonders freut: vor gut einer Woche hab ich mich in ein gutes Schema eingefunden, um Szenen zu beschreiben: Ort, Akteure, Handlung und Ziel in kurzen Worten (angelehnt an Sol Stein). So kann ich die Storyline auf einer sinnvollen Detailebene beschreiben, ohne ausformulieren zu müssen. Ich denke, so entsteht ein gutes Gerüst der Handlung.

 

Außerdem stoße ich dabei auf Lücken in der Hintergrundstory oder bei den Charakteren, die gefüllt werden müssen. Der Fortschritt ist noch relativ bescheiden: 6 Szenen sind definiert.

 

Der Plan für Oktober: mindestens 10 weitere Szenen definieren und gefundene Lücken zumindest dokumentieren und bedenken. Mal sehen, was der erste Herbstmonat bringt!

Unglaublich, aber wahr

 

Anfang September haben in meiner Firma zwei neue Azubis angefangen. Die beiden sind zusammen so alt wie ich.  

 

Hätte diese Tatsache eine depressive Stimmung ausgelöst – niemand hätte es mir übel genommen. Aber: ich kann daran nichts Deprimierendes finden. Na klar, erstaunlich ist es schon, dass Menschen, die in den Neunzigern geboren wurden, auf dem deutschen Arbeitsmarkt legal agieren dürfen – aber nicht deprimierend.

 

Was schützt mich vor der potenziellen Niederschmetterung?

 

Zum einen ganz sicher: Kein Mensch glaubt, dass ich so alt bin wie ich bin. Die glückliche Situation mit ungläubigen Augen gemustert zu werden, wenn das Geburtsjahr genannt wird, ist ein starker Schutzschild gegen Altersverzweiflung.

 

Das ist es aber nicht alleine. Die bislang wundersam konservierte jugendliche Ausstrahlung ist nicht von Dauer. Früher oder später finden die Falten ihren Weg auch in mein Gesicht.

 

Viel stabiler schützt die Erkenntnis, dass man mit seinem bisherigen Leben etwas Gutes angestellt hat. Wenn ich an mich selbst mit 17 zurückdenke – wo ich mich in meiner Entwicklung befand, was ich geleistet und erlebt hatte – dann war das nicht übel. Aber wenn ich es mit meinem Stand heute vergleiche, kann ich ehrlich sagen, dass sich einiges getan hat. Allein was ich in den letzten Jahren erfahren habe – beruflich und privat – ist eine ganze Menge.

 

Und das ist, worauf es ankommt. Gefühltes Alter ist Lebenszeit geteilt durch Erfahrungen.

 

Je mehr Erfahrungen du sammelst, umso jünger fühlst du dich im Verhältnis zu deiner Lebenszeit. Und klar, wenn du den ganzen Tag nur vor der Glotze sitzt und nichts erlebst, dann fürchtest du das älter Werden, denn du schreitest nur im Lebensalter fort und nicht in den Erfahrungen.

 

In diesem Sinne: Man musst nicht deprimiert sein, wenn die Kollegen plötzlich halb so alt sind wie man selbst, sondern erst, wenn man feststellt, dass man keinen angemessenen Erfahrungsvorsprung hat. Aber selbst dann: Es ist nie zu spät, um mit dem Training zu beginnen.

Ein Rat für die Königin

Heute vor einer Woche war es soweit: Im Berliner Olympiastadion betrat Madonna die Bühne und die nächsten beiden Stunden gehörten ihr. Und ich war dabei.

Im Vorfeld des Konzerts haben sich berufen Gefühlte den guten Rat an Madonna gegeben, sie solle nun mit 50 doch aufhören, es wäre an der Zeit, sich in Ehren zur Ruhe zu setzen. Hm. Hat das schon mal jemand den Rolling Stones geraten? Ich glaube nicht.

Es wäre eine Schande, würde sie das tatsächlich tun. Allerdings denke ich, dass es für sie an der Zeit ist, wieder einen echten Evolutionssprung zu machen. Sie ist nun mal nicht mehr Mitte 20. Sie sollte nicht den bunten 80ern nachlaufen. Mit der Tour tut sie das aber ein bisschen.

Ich würde mir wünschen, eine magisch-weise Madonna zu sehen; eine, die auch spirituell verzaubert, nicht nur sexuell. Beim Konzert gab es einen Song, in dem der Mensch Madonna in Erscheinung trat und das fand ich den schönsten Moment. Davon hätte ich gerne mehr, wenn es Euch belieben möge, Majestät.

Aber Madonna hat ja noch nie getan, was die Leute für passend gehalten hätten. Andererseits hat sie beim letzten Song eine Brille getragen. Ein erstes Anzeichen für allgemein anerkanntes altersgerechtes Verhalten?

Da fällt mir ein, dass ich bei Kleingedrucktem manchmal gewisse Schwierigkeiten habe… Na, mit 50 geh ich dann auch mal zum Optiker.

Jedes Buch hat eine Seele

„Willkommen im Friedhof der vergessenen Bücher … Jedes einzelne Buch hat eine Seele. Die Seele dessen, der es geschrieben hat, und die Seele derer, die es gelesen und erlebt und davon geträumt haben. Jedesmal, wenn ein Buch in andere Hände gelangt, jedesmal, wenn jemand den Blick über die Seiten gleiten läßt, wächst sein Geist und wird stark.“

Als Daniel als 10jähriger Junge diese Worte von seinem Vater hört, ahnt er nicht, wie sehr der gemeinsame Besuch im Friedhof der vergessenen Bücher sein Leben beeinflussen würde.

Carlos Ruiz Zafón, der Autor des Romans „Der Schatten des Windes“, von dem hier die Rede ist, schreibt vor dem Hintergrund eines tristen Barcelonas der Nachkriegsjahre mit wunderbarer Leichtigkeit über die Fundamente menschlichen Daseins: Freundschaft und Einsamkeit, Hass und Leidenschaft, Verzweiflung und Lust – und vor allem Liebe. Das Buch schafft, was ein Buch schaffen sollte: es lässt den Leser eintauchen in das Leben der Figuren. Man hofft, bangt und trauert mit ihnen. Und wenn es an der Zeit ist, darf man sich auch freuen.

Man kann aus dem Buch vieles mitnehmen, aber wenn ich eine Moral aus der Geschichte ableiten sollte, würde ich sagen: Jeder hat sein Schicksal in der Hand und man sollte kämpfen, wofür es sich zu kämpfen lohnt.

Das gilt natürlich auch für mein eigenes Buch. Das hatte im August ein schweres Los: so gut wie alle Wochenenden verplant, kaum ein freier Abend. Entsprechend ist es nicht weit gediehen. Aber: ich bin weiterhin voller Hoffnung auf eine glänzende Zukunft. J