Schäbig fühlte er sich, wie er zu ihr hinüber schielte im Gewimmel. Zärtlich, sehnsüchtig, feige. Noch immer hatte er nicht gewagt, sie anzusprechen, obwohl er ihr fast jeden Tag begegnete, in den Vorlesungen oder in der Mensa.
Albern kam er sich vor in seinem Hasenfell. Wie war er nur auf die Idee gekommen, dass das ein gutes Kostüm sein könnte? Er nippte wieder an seiner Cola. Der Plastikbecher war zwar längst leer, aber das bemerkte er nicht. Er war froh, etwas zu haben, an dem er sich festhalten konnte. Mut, Mut, allen Mut zusammen nehmen!
Durch das Gedrängel des Tanzsaales machte er sich endlich auf den Weg zu ihr. Es war so voll, dass er die Arme schützend vor sich hielt, als fürchte er einen Steinschlag. Ein Vampir schwänzelte verliebt um eine Marie-Antoinette herum. Eine Piratenbraut küsste einen Zorro und eine Gruppe Hexen tanzte wild. Er schlängelte sich vorbei. Gleich hatte er sie erreicht, sein Puls stieg.
Alles würde er ihr sagen, alles beichten: Wie sie ihm bei Semesterbeginn gleich aufgefallen war; wie wunderschön sie war, wie klug; wie sehr er ihr Lachen liebte. Dass er seit Wochen ihretwegen nicht schlafen konnte; dass er vollkommen verloren war.
Sie unterhielt sich mit einem Typen in einem merkwürdig bunten Gummianzug. War das ein Chamäleon? Plötzlich räumte der Kerl das Feld und sie stand direkt vor ihm. Sie sah ihn an und lächelte. Oder lachte sie über seine schlaffen Hasenohren? Als Meerjungfrau war sie noch schöner als sonst – wie im Märchen. Er tat einen letzten unbeholfenen Schritt auf sie zu und sagte: „Hallo.“