Blicke in die Nachrichten des Weltgeschehens lassen oft vermuten, es ginge immer weiter bergab. Statt nach evolutionärer Weiterentwicklung sieht es eher nach Degeneration aus…
Degeneration [lat.] die (Entartung), Biologie: die Abweichung von der Norm im Sinne einer Verschlechterung in der Leistungsfähigkeit und im Erscheinungsbild bei Individuen, Organen, Zellverbänden oder Zellen. Die D. kann auf einer Änderung der Erbanlagen aufgrund von Mutationen, Inzuchtschäden, Domestikation oder Abbauerscheinungen (durch natürl. Verschleiß, Nichtgebrauch bestimmter Organe, Altern, Krankheiten) beruhen. (=> Dekadenz)
Dekadenz [lat.] die (frz. Décadence), Niedergang, Verfall, bes. bei Kulturen. Der Begriff wird insbes. Als ästhet. Kategorie verwendet, v.a. zur Kennzeichnung einer Entwicklungsrichtung innerhalb der europ. Literatur (bes. in Frankreich) gegen Ende des 19. Jh. (Fin de Siècle), der Dekadenzdichtung. Sie entstand aus dem Bewusstsein überfeinerter Kultur als Zeichen einer späteren Stufe des kulturellen Verfalls und vertritt die Welt einer freien, autonomen Ästhetik gegenüber einer Welt von festgefügten Moral- und Wertvorstellungen. Vorbereitet wurde die Dekadenzdichtung u.a. durch Lord Byron, N. Lenau, A. de Musset, G. Leopardi, E.A. Poe und T. De Quincey; das D.-Gefühl gipfelt in der Dichtung C. Baudelaires. Weitere Vertreter waren u.a. in Frankreich J.-K. Huysmans, die frz. Symbolisten, in Österreich P. Altenberg, der frühe H. von Hofmannsthal, der junge R.M. Rilke, in Italien G. D’Annunzio, in England O. Wilde, in Deutschland S. George.
Braucht es etwa Degeneration und Dekadenz, damit etwas Neues hervorgerbacht werden kann?