Monatsarchiv: Januar 2018

Brockhaus der Woche (04/2018)

Blicke in die Nachrichten des Weltgeschehens lassen oft vermuten, es ginge immer weiter bergab. Statt nach evolutionärer Weiterentwicklung sieht es eher nach Degeneration aus…

Degeneration [lat.] die (Entartung), Biologie: die Abweichung von der Norm im Sinne einer Verschlechterung in der Leistungsfähigkeit und im Erscheinungsbild bei Individuen, Organen, Zellverbänden oder Zellen. Die D. kann auf einer Änderung der Erbanlagen aufgrund von Mutationen, Inzuchtschäden, Domestikation oder Abbauerscheinungen (durch natürl. Verschleiß, Nichtgebrauch bestimmter Organe, Altern, Krankheiten) beruhen. (=> Dekadenz)

Dekadenz [lat.] die (frz. Décadence), Niedergang, Verfall, bes. bei Kulturen. Der Begriff wird insbes. Als ästhet. Kategorie verwendet, v.a. zur Kennzeichnung einer Entwicklungsrichtung innerhalb der europ. Literatur (bes. in Frankreich) gegen Ende des 19. Jh. (Fin de Siècle), der Dekadenzdichtung. Sie entstand aus dem Bewusstsein überfeinerter Kultur als Zeichen einer späteren Stufe des kulturellen Verfalls und vertritt die Welt einer freien, autonomen Ästhetik gegenüber einer Welt von festgefügten Moral- und Wertvorstellungen. Vorbereitet wurde die Dekadenzdichtung u.a. durch Lord Byron, N. Lenau, A. de Musset, G. Leopardi, E.A. Poe und T. De Quincey; das D.-Gefühl gipfelt in der Dichtung C. Baudelaires. Weitere Vertreter waren u.a. in Frankreich J.-K. Huysmans, die frz. Symbolisten, in Österreich P. Altenberg, der frühe H. von Hofmannsthal, der junge R.M. Rilke, in Italien G. D’Annunzio, in England O. Wilde, in Deutschland S. George.

Braucht es etwa Degeneration und Dekadenz, damit etwas Neues hervorgerbacht werden kann?

Gießen unerwünscht

Neulich im Büro…

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Brockhaus der Woche (03/2018)

Bietet der Brockhaus einen Lichtblick in der dunklen Jahreszeit? Ja, sogar drei. Die Chariten.

Chariten [ç-, grch.], (Charitinnen), im grch. Mythos Göttinnen der Anmut, Töchter des Zeus und der Eurynome; seit Hesiod als Dreiheit auftretend: Aglaia (Glanz), Euphrosyne (Frohsinn) und Thalia (Glück); von den Römern Grazien genannt.

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Dieses Gemälde von Raffael mit dem Titel „Die drei Grazien“ hängt übrigens im Musée Condé im Schloss Chantilly.

Chantilly [[ʃãtiʹji], Stadt im frz. Dép. Oise, nördlich von Paris, 11500 Ew.; Pferderennen (seit 1834). – Schloss C., bestehend aus Petit (16 Jh.) und Grand Château (1530 und 1876-82), mit dem Musée Condé (Gemäldesammlung); Parkanlagen; Stallungen (1719-35). – 1725-1800 Porzellanmanufaktur.

Brockhaus der Woche (02/2018)

Was sagt der Brockhaus über Brockhaus?

Brockhaus, Verlegerfamilie. Friedrich Arnold B. *Dortmund 4.5.1772, † Leipzig 20.8.1823; gründete 1805 in Amsterdam eine Verlagsbuchhandlung und kaufte 1808 das von R. G. Löbel und C. W. Franke begonnene Konversationslexikon. 1811 siedelte er mit seiner Firma nach Altenburg, 1817/18 nach Leipzig über (ab 1814 F. A. Brockhaus); dort erschienen die weiteren Auflagen des Lexikons, Reihen- und Sammelwerke, später auch populärwiss. und Reisebücher. Nachschlagewerke blieben Hauptarbeitsgebiet des Verlags: „Großer Brockhaus“ (1928-35, 20 Bde., Atlas und Ergänzungsband). 1945 setzte in Wiesbaden der Verlag Eberhard B. die Überlieferung fort und firmierte seit 1953 nach Enteignung des Leipziger Stammhauses (dort 1953-90 als VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig, 1992 reprivatisiert) wieder als F. A. Brockhaus. […]; seit 1996 erscheint die 20. Aufl. als „Brockhaus, Die Enzyklopädie“. 1984 Fusion mit Bibliographisches Institut AG zur Firma Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG.

Die Firma Bibliographisches Institut wurde 1826 von Joseph Meyer in Gotha gegründet und wurde bekannt durch Meyers Konversationslexika und Atlanten, Brehms Tierleben und den Duden.

Wie erwähnt, meine Brockhaus-Ausgabe erschien 2001. Was ist seitdem geschehen?

Die Firma Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG wurde 2009 aufgelöst. Das Bibliographische Institut ist heute eine GmbH und gehört zur Cornelsen-Gruppe. Der Duden erscheint dort.

Und was ist mit Brockhaus? Die Brockhaus Website* sagt folgendes:
2002 startete Brockhaus mit der Veröffentlichung seiner ersten digitalen Enzyklopädie in ein neues Zeitalter. 2008 wurde das Unternehmen an die Bertelsmann Gruppe verkauft, im Jahr 2015 dann von der schwedischen NE Nationalencyklopedin AB übernommen, mithilfe deren digitaler Services bereits 75 % aller schwedischen Schulen unterrichten.

Unter der Firmierung NE GmbH | Brockhaus vollzieht das Unternehmen eine Wandlung vom Wissens- zum Bildungsanbieter. Ab Herbst 2016 bietet Brockhaus Online-Lehrwerke für Gymnasien und Grundschulen an, die auf neue Art und Weise gegebene Lehrpläne, das klassische Lehrwerksmodell und ausgewählte, medienpädagogisch sinnvolle Möglichkeiten der Nutzung digitaler Medien für ein besseres Lernen und Lehren vereinen.

Anscheinend erscheint der Brockhaus gedruckt überhaupt nicht mehr und für Privatpersonen* gibt es folgende Information:
Aktuell können wir Ihnen die Brockhaus Online-Enzyklopädie sowie unsere Junior-Nachschlagewerke nicht zum privaten Erwerb anbieten. Zugang zu unseren Produkten erhalten Sie über Bibliotheken, Schulen, Institutionen sowie Unternehmen.

Wer hätte das gedacht?

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* aufgerufen im Januar 2018

Zweiwortgedichte

Oft braucht es nicht viele Worte, um viel zu sagen. Das wusste Ernst Jandl, wie auch andere experimentelle Lyriker. Hier einige meiner Zweiwortgedichte.

Im Himmel
Halleluja!
Gähn…

In der Hölle
Wirklich?
Aua!

Bürotag
Update
Helpdesk

Weihnachtsgedicht
Höflichkeiten
Völlegefühl

Waldgedicht
Wispern
Klopfen

Liebesende
Hau
ab

Brockhaus der Woche (01/2018)

Zur Jahreswende sind Horoskope groß in Mode. Was sagt der Brockhaus über Astrologie?

Astrologie [grch.] die, (Sterndeutung), der Versuch, Wesen und Schicksal der Menschen aus Gestirnstellungen zu deuten und vorherzusagen. Die A. behauptet eine erfassbare geregelte Beziehung zw. Gestirnwelt und ird. Vorgängen, bes. der menschl. Existenz. Dabei wird den 12 Abschnitten des Tierkreises (Tierkreiszeichen) eine besondere Wirkung zugeschrieben. Da rationale Beweise dafür fehlen, wird die A. zu einer Glaubensfrage. In der Gewinnung rechner. Anhaltspunkte hingegen, in der Aufstellung der Konstellation, war die A. mit der Entwicklung der Mathematik und Astronomie verknüpft. – Die Anfänge der A. liegen in Babylonien, Assyrien und Ägypten. Davon zeugen die Keilinschriften aus der Bibliothek Assurbanipals (um 640 v. Chr.) und der noch heute verwendete Tetrabiblos („Werk in vier Büchern“). Bis in die Neuzeit beherrschte die A. in christl. Gewand das gesamte abendländ. Denken, alle Astronomen bis ins 17. Jh. waren auch Astrologen. Mit dem kopernikanischen Weltbild und der Aufklärung (18. Jh.) verlor die A. ihre Grundlage, hielt sich jedoch im Volksglauben (Aberglaube) trotz Kritik bis heute, z.B. als (Zeitungs-)Horoskop.

Gewisse Parallelen gibt es zu einer anderen alten Kunst:

Alchimie (Alchemie, Alchymie) [von arab. al-kīmiyāʾ „Chemie“] die, entstand im 2./3. Jh. im alexandrin. Ägypten und war im MA. bis zum Beginn der Neuzeit die wiss. Beschäftigung mit chem. Stoffen. Die Erneuerung der A. durch Paracelsus leitete im 17. Jh. zur antialchimist., empir. Chemie über; die A. stand seither als „geheime Kunst“ mit ihren Bemühungen, Gold zu machen, den „Stein der Weisen“, das Universallösungsmittel „Alkahest“ und lebensverlängernde Elixiere zu finden, außerhalb der Naturwissenschaften. Die chem. Kenntnisse des Altertums, großenteils durch die Araber überliefert, bildeten ihre Grundlage. Der A. gelang eine Fülle von chem. Entdeckungen (z.B. Alkohol, Porzellan, Phosphor), eine Erweiterung des Arzneischatzes und eine Verfeinerung der chem. Arbeitstechnik, worauf die spätere Chemie aufbauen konnte. Bekannte Alchimisten des MA. waren Albertus Magnus, Geber, Arnaldus von Villanova, Roger Bacon, Basilius Valentinus.

(Aber-)Glaube und strenge Wissenschaft haben sich also gegenseitig befruchtet. Unter dem Stichwort Aberglaube steht im Brockhaus folgendes Zitat von Johann Wolfgang von Goethe:

Der Aberglaube ist die Poesie des Lebens; deswegen schadet’s dem Dichter nicht, abergläubisch zu sein.

Alles Gute für 2018!

Brockhaus der Woche: Auftakt

In meinem Bücherschrank steht der Brockhaus. 15 schwere Bände, in gediegenem Dunkelblau, aus dem Jahr 2001. Selbstverständlich damals schon ein Anachronismus ([grch.] der, falsche zeitliche Einordnung; nicht mehr zeitgemäße Einrichtung), jedoch mein Herzenswunsch zu der Zeit.

Im Lauf der Jahre zunehmend mit Ambivalenz ([lat.] die, das gleichzeitige Auftreten von einander widersprechenden Vorstellungen und Gefühlen) besetzt und mehrfach akut ([lat. „spitz“], plötzlich auftretend, vordringlich) vom Abschied bedroht, weil die Anwendung doch hinter den Erwartungen zurückblieb, hat er seinen Platz im Bücherschrank behauptet, der Brockhaus in 15 Bänden.

Und nun, im Jahr 2018 kommt er zu Ehren: Der „Brockhaus der Woche“ ist der neue „Kalenderspruch der Woche“. Ein oder mehrere Begriffe aus meinem Brockhaus, zitiert und/oder kommentiert in einem Beitrag, in 52 Wochen zweimal durchs Alphabet.

Geneigte Leserinnen und Leser mögen es bemerkt haben: das „A“ prägt diesen Auftakt; und so auch den ersten offiziellen Post.